X (2022) | Film, Trailer, Kritik (2024)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

The Texas p*rno Massacre

Heimlich, still und leise drehte Ti West während der Corona-Pandemie nach mehrjähriger Spielfilmpause und diversen Fernsehengagements ein neues abendfüllendes Werk ab, das sich mit seiner größten Leidenschaft befasst: dem Horrorkino vergangener Tage. Überraschte der oft als Regisseur, Drehbuchautor, Editor und Produzent in Personalunion auftretende US-Amerikaner 2016 noch mit seiner Westernhommage In a Valley of Violence, verneigt er sich mit „X“ nun vor den Backwoods- und Slasher-Arbeiten der 1970er-Jahre, ohne allerdings in Ehrfurcht zu erstarren. Will heißen: Genreregeln und -klischees werden durchaus unterlaufen.

Ein Klassiker des Terrorkinos der damaligen Zeit drängt sich schon nach wenigen Minuten als Referenzpunkt auf. Wer Tobe Hoopers einflussreichen Hinterlandschocker The Texas Chainsaw Massacre von 1974 kennt, dürfte sich mehr als einmal an diesen Meilenstein des Grauens erinnert fühlen. Auch bei West bricht nämlich in den Sommermonaten eine Gruppe vorwiegend junger Menschen in einem Van zu einer Fahrt ins ländliche Texas auf und erlebt dort ein böses Erwachen. Gekreuzt wird die an sich noch nicht sehr originelle Prämisse mit einer Ebene, die andere filmische Bezüge aufmacht: Die Protagonist*innen von X wollen Ende der 1970er-Jahre den erblühenden p*rnomarkt erobern, der, anders als Hollywood, ein Tummelplatz für Do-it-yourself-Akteure ist. Alles, was man braucht, sind ein taugliches Equipment und Darsteller*innen, die sich vor der Kamera entblößen.

The Farmer’s Daughters heißt das Kleinod, mit dem p*rnoaktrice Maxine (Mia Goth) 1979 endlich durchstarten möchte. Zusammen mit ihrem deutlich älteren Freund Wayne (Martin Henderson), dem Produzenten des Films, den ebenfalls in Schauspielrollen auftretenden Bobby-Lynne (Brittany Snow) und Jackson (Kid Cudi) sowie dem völlig überzogene künstlerische Ansprüche verfolgenden Nachwuchsregisseur RJ (Owen Campbell) und dessen Freundin Lorraine (Jenna Ortega) checkt die junge Frau in das Gästehaus eines alten Ehepaares ein, das ohne dessen Wissen als Drehort des Sexstreifens dienen soll. Keine allzu gute Idee, wie sich schon kurz nach der Ankunft zeigt.

Irgendwo im Hintergrund schimmert The Texas Chainsaw Massacre immer durch. Und doch hebt sich X zum Teil auch spürbar von seinem rasch in einen Dauereskalationsmodus schaltenden Vorbild ab. Wie so oft in seinem Schaffen setzt der Regisseur auf einen lange nur bedrohlich brodelnden Ansatz, der Freunde des schnellen Horrorkicks frustrieren könnte. Über eine wiederkehrende unheimliche Melodie, plötzlich am Bildrand auftauchende Gestalten, ominöse Blicke und einige feindselige Bemerkungen erzeugt der Film zwar eine Atmosphäre der Beklemmung. Bis zum ersten Mord dauert es aber eine ganze Stunde. Wer schon Wests Retrogrusler The House of the Devil langweilig fand, dürfte auch hier von Ungeduld gepackt werden. Zum Nägelkauen ist gewiss nicht jede Szene. Das Unbehagen wächst allerdings stetig an.

Obwohl man die Figuren zweifellos noch stärker hätte konturieren können, bemüht sich das Skript um einige überraschende Entwicklungen und kleine Hintergrundgeschichten. Einen die Gruppe in Aufruhr versetzenden Sinneswandel erlebt zum Beispiel die als prüdes Mauerblümchen eingeführte Lorraine, die sich plötzlich sehr experimentierfreudig gibt. Über Maxine, der wiederholt eine besondere, dank Mia Goth tatsächlich in den Kinosaal transportierte Ausstrahlung attestiert wird, setzt sich der Film mit frei gelebter Sexualität und Repression körperlicher Lust auseinander. Weibliche Selbstermächtigung spielt ebenso eine Rolle wie das Begehren im Alter und der Schmerz, den die Vergänglichkeit der Jugend mit sich bringt. Die Überlegungen gehen manchmal nicht weit genug. Dennoch wirft X Fragen auf und baut Irritationsmomente ein, die in einem Horrorfilm nicht selbstverständlich sind.

Dass es ihm Freude bereitet, mit Genreelementen zu jonglieren, demonstriert Ti West auch, sobald das mit saftigen handgemachten Gore-Effekten aufwartende Abschlachten beginnt. Anders als im Slasher-Kino üblich beißen hier nicht diejenigen als Erste ins Gras, die sich am sexuell aktivsten präsentieren. Und statt der obligatorischen leicht bekleideten Damen sind es dieses Mal die Herren der Schöpfung, die in den unpassendsten Augenblicken seltsam freizügig durch die Gegend laufen. Entrückte Zwischenspiele – etwa eine Tanzeinlage nach einem Mord – tragen ebenfalls dazu bei, X von Horrordutzendware abzugrenzen. Manche Kritiker*innen schießen mit ihren Lobeshymnen auf den Film sicher übers Ziel hinaus. In einer Welt, in der gelackte, auf plumpe Geisterbahnfahrten vertrauende Gruselwerke den Markt fluten, ist Wests in verwaschenem Retrolook daherkommender, stellenweise betont sarkastischer Provinzalbtraum aber durchaus eine Wohltat. Erwähnt sei abschließend noch ein im Abspann verratener Besetzungskniff, der auch für ein bereits fertiggestelltes Prequel von Bedeutung ist. Also: Nach dem letzten Bild nicht gleich das Weite suchen!

Wir schreiben das Jahr 1979, als eine Gruppe junger Filmemacher*innen ins ländliche Texas aufbricht, um dort einen Erotik-Film zu drehen. Doch als ihre Gastgeber sie mittendrin bei ihrem Treiben erwischen, muss das Team plötzlich um sein Leben fürchten.

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